
2000 qm2 – vom Beleben eines Parkfeldes
Seit dem 27. April 2015 betreiben wir an der Wasserwerkstrasse 101 in Zürich, Wipkingen den Park Platz. In einem kollektiv organisierten Verein unterhalten und bespielen wir die Brache mit soziokulturellen Inhalten, die uns die Stadt Zürich und der Quartierverein Wipkingen mittels Gebrauchsleihvertrag überlassen hat .
Auf einer Fläche von über 2000 Quadratmetern haben wir das ehemals leerstehende Parkfeld zwischen Unterem und Oberem Letten für die umliegende Quartierbevölkerung und auch für die übrigen Bewohner*innen Zürichs nutzbar gemacht. Dafür wurde eine kleine Buvette, ein Quartiergarten, eine Druckwerkstatt, den unkommerziell genutzten Community-Space Würfel und vieles mehr auf dem Platz aufgebaut und für die Allgemeinheit geöffnet.
Der Park Platz hat sich zu einem wichtigen soziokulturellen Ort in Zürichs Stadtleben entwickelt. Auf den 2000 Quadratmeter finden vielseitige öffentliche Veranstaltungen statt – gratis und niederschwellig zugänglich. Auf der Brache am Letten ist ein Raum für kulturelle und politische Auseinandersetzung entstanden mit einem festen Platz in Zürichs Stadtleben.
Für den Platz bezahlen wir keine Miete, tätigen jedoch sämtliche Investitionen selber – das umfasst das Verlegen von Wasser- und Stromleitungen, sowie den kompletten Ausbau aller Räumlichkeiten, das stetige Pflegen der Grünfläche auf dem Platz und etliche andere infrastrukturelle Arbeiten. Wir erhalten keine Subventionen und decken die Ausgaben für den Unterhalt durch die Einnahmen des Gastronomiebetriebs.
Ein Ort der Begegnung
Der Park Platz ist ein Ort der Begegnung verschiedener Menschen und Vorstellungen, eine Schnittstelle, an der unterschiedliche Hintergründe und Ideen aufeinandertreffen und einen Ort des Miteinanders kreieren. Abseits der kommerziellen Raumnutzung in Zürich bietet dieser Raum die Möglichkeit für kritische Auseinandersetzungen mit dem Jetzt, der Vergangenheit und der Zukunft. Er stellt eine offene Plattform für Projekte und Ideen dar, die an anderen Orten keinen Platz finden. Ob langfristige, regelmässige oder einmalige Projekte spielt dabei keine Rolle. Kunst- und Musikprojekte, Garten, Spielplatz, Workshops oder soziales und politisches Engagement: Den Ideen sind keine Grenzen gesetzt, solange sie den Grundsätzen des Platzes nicht widersprechen. Diese sind in erster Linie unkommerziell, frei von Diskriminierung, Sexismus, Nationalismus und Rassismus und leben von Eigeninitiative.
Positionierung in der Debatte rund um die Stadt und ihre Nutzung
Als alternatives Raumprojekt befindet sich der Park Platz mitten in der Debatte um die städtische Raumnutzung. Hier stellt sich die Frage: Wem gehört die Stadt? Wer entscheidet darüber, wo was geschieht und wer sich wo aufhalten darf? Wer kann sich die Stadt überhaupt noch leisten? Und wie können Projekte abseits des vorgegebenen Weges realisiert werden? Diese Fragen sind wegweisend für die Weiterentwicklung unseres Projekts. In welche Richtung wollen wir gehen und wie positionieren wir uns in der Diskussion um Stadtaufwertung? Wir sind selbst Teil der Aufwertung des Lettens und unsere Aufgabe ist unter anderem, uns in diesem Widerspruch zurechtzufinden, sich nicht lähmen zu lassen und weiterhin die Entwicklung der Stadt, in der wir gerne leben wollen, mitzuprägen.
Wir wollen wie bisher ein offener Ort sein – sei es für Quartier-Kids, welche die Rarität eines nicht-sterilen Platzes schätzen, Migrant*innen, die hier weniger Racial Profiling erleben oder Eltern von nebenan, die einen Cappuccino schlürfen, während ihre Kinder auf der Rutschbahn spielen.
Unsere Bestimmung als Projekt
Der Park Platz stellt den Anspruch an sich selbst, die Stadt durch einen unkonventionellen Weg mitzugestalten, alternative Räume zu schaffen und breite Teile der Bevölkerung in diesen Prozess einzubinden. Doch dieser Anspruch und der von den Behörden vorgegebene Rahmen beissen sich immer wieder. Die engmaschige Kontrolle durch die städtischen Stellen erschweren die Weiterentwicklung eines solchen Projekts und beschneiden seinen Charakter grundlegend. Nicht zuletzt weil die behördlichen Regelungen vor allem auf Projekte kommerzieller Natur ausgelegt sind und sich keine Differenzierung in der Handhabung unkommerzieller und von der Stadtbevölkerung selbst gestalteter Räume wiederfindet.

Aktuelle Situation
Es ist frustrierend, dass ein Projekt wie der Park Platz so wenig Anerkennung von behördlicher Seite erfährt. Wir wollen gemeinsam eine Lösung für diese Situation finden. Für eine Stadt, die soziokulturelle Projekte Ernst nimmt, braucht es neue Regelungen, die den unterschiedlichen Zwecken von Räumen angepasst sind. Es braucht eine Unterscheidung zwischen kommerziell und nicht-kommerziell orientierten Räumen.
Baubewilligungen
Problematisch ist die Situation der Baubewilligungen. In Zürich gibt es keinerlei Sonderregelung in Sachen Bauen auf alternativ genutzten Arealen und für den Bewilligungsprozess. Es kommt weder darauf an, wie gross eine Baute ist, noch wie lange sie stehen bleibt. In Bern beispielsweise wird die Handhabung alternativer Wohn- und Bauformen von der herkömmlicher Bauprojekte unterschieden. Auch in Basel kommen die Behörden Zwischennutzungen mit Ausnahmebewilligungen entgegen. Wir fragen uns, warum ist das in Zürich nicht der Fall?
Wir fanden uns im Zuge unserer Baueingaben in einem behördlichen Wirrwarr wieder, das wir nach bestem Gewissen zu entwirren versuchten. Von der Liegenschaftsverwaltung der Stadt Zürich wurden uns Baubewilligungen für verschiedenste Umbauprojekte versprochen unter der Bedingung, dass bestimmte Auflagen erfüllt und Dokumente zur gegeben Zeit eingereicht werden. Diese Anforderungen haben wir nachweislich erfüllt, aus fadenscheinigen Gründen erhielten wir entsprechende Bewilligungen im Nachhinein dann doch nicht. In dieser Angelegenheit wurden zudem sehr kostspielige Gutachten erstellt und enorm viele Arbeitsstunden investiert, Investitionen die nun von der Stadt blockiert werden.
Bewilligungspraxis von Veranstaltungen
Betrachten wir die städtische Bewilligungspraxis von Veranstaltungen im öffentlichen Raum, dann drängt sich uns eine Hauptfrage auf: Warum werden Bewilligungspraxen nicht dem Nutzen und den Lärmemissionen einer Veranstaltung angepasst?
Das aktuelle Handling der Bewilligungspraxis der Zone am Letten sieht vor, das sich alle gastwirtschaftlichen Betriebe des Oberen Letten vier Bewilligungen pro Jahr für «belastende eintägige Anlässe» teilen. Vier Betriebe teilen sich vier Bewilligungen. Wir sind nicht damit einverstanden, dass wir mit gängigen kommerziellen Gastwirtschaftsbetrieben gleichgesetzt werden. Der Park Platz ist in erster Linie ein unkommerzieller Freiraum, in dem politisch und gesellschaftlich relevante Themen zum Ausdruck kommen. Eine Party mit Live-Musik darf nicht mit einer Podiumsdiskussion über Rassismus gleichgesetzt werden. Einerseits aufgrund der stark unterschiedlichen Lärmbelastungen, die von diesen Anlässen ausgehen und andererseits von der politischen und kulturellen Relevanz, die den Veranstaltungen anhaften.
Wir finden beides wichtig, aber die aktuelle Bewilligungspraxis am Oberen Letten ist für lärmintensive Veranstaltungen konzipiert und verhindert eine den Lärmemissionen entsprechende Beurteilung von Veranstaltungen. Dieses Bewilligungsregime verunmöglicht es ausserdem, zwei Tage am Stück eine politische Veranstaltung mit Mikrofon-verstärkten Diskussionen abzuhalten, wie dies an den Aktionstagen «enough.» zu Migrationskämpfen und antirassistischem Widerstand der Fall war.
Unter diese Bewilligung fallen also bei weitem nicht nur Veranstaltungen mit stundenlangem Bassgetöse und johlendem Publikum, sondern jede Art von Tonverstärkung, auch wenn diese noch so dezent und kurz ist. Die unspezifische Handhabung der Bewilligung von unterschiedlichen Veranstaltungen führte im Jahr 2020 sogar dazu, dass eine Veranstaltung, die in den vergangenen Jahren gerade in der Nachbarschaft viel Zuspruch erhielt, keine Bewilligung erhalten hat. Das Varieté Pavé, ein Cabaret, das mehrere Tage am Stück eine Show von etwas mehr als einer Stunde mit sehr niedriger Lärmbelastung und grossem Unterhaltungswert bei uns auf der Aktionsfläche durchführen wollte, konnte letztes Jahr nicht auf dem Park Platz auftreten.
Die Petition von 2018, die zur Verringerung des Veranstaltungskontigentes des gesamten Oberen Letten auf vier Veranstaltungen führte, wurde gerade mal von 158 Personen unterschrieben. Wir wurden nie in diesen Prozess miteinbezogen und akzeptieren diesen Entscheid darum auch nicht.

Was passiert ausserhalb des kommerziellen Rahmens?
Die aufgeführten Beispiele sollen aufzeigen, wo in der Beziehung mit den Behörden unserer Erfahrung nach Probleme entstehen und Handlungsbedarf besteht. Diese Liste ist natürlich nicht vollständig und andere Projekte erfahren andere Probleme.
In unserem Beispiel führt die behördliche Praxis dazu, dass insbesondere der kommerzielle Betrieb funktioniert, die Gestaltung und Nutzung der unkommerziellen Flächen aber ins Stocken gerät. Dabei nimmt die Buvette als teilkommerzieller Raum flächenmässig einen kleinen Teil ein, im Vergleich zum Rest des Platzes, der unkommerziell genutzt wird.
Es fliesst unserer Meinung nach zu viel Energie in langwierige Abklärungsprozesse, aufgrund derer Ideen und Projekte versanden; oder in die Frustration über mangelnde Bewilligungen, welche bereits geplante Projekte wie das Varieté Pave nachträglich verunmöglichen.
Der behördliche Umgang mit Projekten wie dem Park Platz zeigt exemplarisch die Grenzen der Möglichkeiten für alternative Ideen in der Stadt Zürich auf. So gibt es für die Projekte, in denen Lohnarbeit geleistet wird und die Räder an der kapitalistischen Maschinerie drehen, gefestigte und erprobte Strukturen. Für Projekte, die sich ausserhalb dieser vermeintlichen Normalität bewegen und eigene Strukturen entwickeln, fehlen funktionierende Institutionen. Daran wird der Mangel an Flexibilität und das fehlende Vorstellungsvermögen der Behörden gegenüber Ideen, die sich ausserhalb der bekannten Muster bewegen, sichtbar.
Es stellt sich die Frage, ob es im Rahmen einer wettbewerbsorientierten Stadtentwicklung überhaupt möglich ist, selbstbestimmte, alternative Projekte umzusetzen, die sich nicht in diesen Wettbewerb einreihen wollen.
Die einseitige Unterstützung einer von kapitalistischen Interessen geleiteten Stadtpolitik zeigt sich auch in den von ihr vergebenen Subventionen. So werden gigantische Beträge fürs Kunsthaus und das Opernhaus gesprochen, die vor allem ein elitäres kulturelles Angebot bieten, Dienstleistungsbetriebe, wo Menschen zum Konsum angeregt werden. Das Konsumieren von Kultur ist nichts Verwerfliches – es unterscheidet sich jedoch grundlegend von einem Ort, der die Besuchenden zur Eigeninitiative und Mitgestaltung einlädt.
Raum für selbstbestimmtes Handeln
Diese Einseitigkeit kennzeichnet die Stadtentwicklung der Stadt Zürich seit Jahrzehnten. Die gut gepolsterten Sitze im Opernhaus erhalten viel mehr Spielraum zur Entfaltung als etwas unbequemere, aber lebendigere Angebote abseits des gängigen kommerziellen Rahmens. Orte wie der Park Platz erhalten nicht nur keine Subventionen, sondern es stehen ihnen unverhältnismässig viele Hürden im Weg, um sich organisch weiterzuentwickeln. Wir streben keine finanzielle Unterstützung durch den Staat an, sondern wollen mehr Raum für selbstbestimmtes Handeln. Wir wollen mehr Spielraum für unsere Ideen und unser Denken, für unsere Art und Weise, in dieser Stadt einen öffentlichen Raum zu gestalten.
Wir fühlen uns von den Liegenschaften Stadt Zürich und von der Sicherheitsdirektion der Stadt Zürich nicht ernst genommen. Wir möchten an die zuständigen Stellen appellieren, eine lebendige Stadtentwicklung nicht bereits im Keim zu ersticken, sondern dieser mit Wohlwollen entgegenzutreten. Deshalb fordern wir mehr Unterstützung für unser Projekt – nicht im Sinne einer Betreuung, sondern im Sinne von Vertrauen, Respekt und Platz für unsere Ideen.
Raum für selbstbestimmtes Handeln
Diese Einseitigkeit kennzeichnet die Stadtentwicklung der Stadt Zürich seit Jahrzehnten. Die gut gepolsterten Sitze im Opernhaus erhalten viel mehr Spielraum zur Entfaltung als etwas unbequemere, aber lebendigere Angebote abseits des gängigen kommerziellen Rahmens. Orte wie der Park Platz erhalten nicht nur keine Subventionen, sondern es stehen ihnen unverhältnismässig viele Hürden im Weg, um sich organisch weiterzuentwickeln. Wir streben keine finanzielle Unterstützung durch den Staat an, sondern wollen mehr Raum für selbstbestimmtes Handeln. Wir wollen mehr Spielraum für unsere Ideen und unser Denken, für unsere Art und Weise, in dieser Stadt einen öffentlichen Raum zu gestalten.
Wir fühlen uns von den Liegenschaften Stadt Zürich und von der Sicherheitsdirektion der Stadt Zürich nicht ernst genommen. Wir möchten an die zuständigen Stellen appellieren, eine lebendige Stadtentwicklung nicht bereits im Keim zu ersticken, sondern dieser mit Wohlwollen entgegenzutreten. Deshalb fordern wir mehr Unterstützung für unser Projekt – nicht im Sinne einer Betreuung, sondern im Sinne von Vertrauen, Respekt und Platz für unsere Ideen.
Konfrontation mit Widersprüchen
Wir stehen an einem Punkt, an dem wir unsere Strategien einmal mehr kritisch betrachten: Haben diese realpolitischen Vorstösse und Bemühungen überhaupt einen Sinn? Haben wir nicht schon zu oft auf Granit gebissen und haben wir überhaupt noch Zähne im Mund? Wie lassen sich Ansprüche von Selbstverwaltung, Eigeninitiative und autonomes Handeln mit den behördlichen Vorgaben unserer Stadt vereinbaren?
Wir sind täglich mit vielen Widersprüchen konfrontiert, sehen aber in dieser Ambivalenz auch eine Chance. So sind wir als Brachen-Projekt am Letten Teil eines Gentrifizierungsprozesses, von dem wir uns nicht verstecken können. Und dennoch wollen wir diese Position in Stärke umwandeln und Teil einer Diskussion werden, sie beeinflussen und in ihr selbstbestimmte Raumnutzung zum Thema machen. Mit der Frage, wem gehört die Stadt, müssen wir uns alle beschäftigen. Wir versuchen mit dem Park Platz ein Stück Stadt für viele zugänglich zu machen, so niederschwellig wie möglich. So werden auf dem Platz Cocktails getrunken und Tapas gegessen und gleichzeitig findet zwischen Menschen aus unterschiedlichsten gesellschaftlichen Schichten eine Auseinandersetzung mit aktuellen politischen und kulturellen Themen statt. Unsere Stadt steckt voller Gegensätze – genau wie wir. So viel ist klar. Diese Widersprüche sind uns bewusst und bleiben wohl für immer Gegenstand von Diskussionen.
Was letztlich bleibt, ist die Frage: Können wir als selbstbestimmter Quartiertreff unter diesen Vorgaben existieren? Ist eine zufriedenstellende Realisierung für alle beteiligten Seiten unter den vorliegenden Voraussetzungen überhaupt möglich? Das ist es, was wir gemeinsam herausfinden wollen.
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